Es führen viele Wege nach DCF ...

Es führen viele Wege nach DCF ...

Für die Bewertung von Immobilienportfolios wird in der Schweiz fast ausschliesslich die Methode des Discounted Cashflow (DCF) angewendet. Die Vorteile dieses Verfahrens sind zahlreich. Allerdings ist eine DCF-Bewertung äusserst komplex, setzt sie doch viele hundert Annahmen voraus.

Die DCF-Methode hat sich in der Schweiz für die Bewertung von Immobilienportfolios als «Best Practice» durchgesetzt. Sie ermöglicht, Einnahmen und Ausgaben für jedes Jahr detailliert darzustellen, sprich sie so einzuplanen, wie sie erwartet werden. So können Veränderungen transparent abgebildet werden, und der Werteffekt einer verschobenen Sanierung ist sofort feststellbar. In der Regel geschieht die Bewertung unter Berücksichtigung eines Zwei-Phasen-Modells: Während der ersten zehn Jahre – auch Forecastperiode genannt – erfolgt eine detaillierte Betrachtung. In der darauffolgenden Residualperiode, der Zeit ab dem elften Jahr also, wird von gleichbleibenden Verhältnissen ausgegangen. Weniger verbreitet ist dagegen das Ein-Phasen-Modell, das eine detaillierte Betrachtung über einen gesamten Zeitraum von zum Beispiel hundert Jahren vorsieht.

Komplexität

Eine DCF-Bewertung ist komplex. Zusätzlich wird die Komplexität dadurch erhöht, weil die Einnahmen für jedes Mietverhältnis individuell modelliert werden. Erwähnt seien hier eine feste Vertragsdauer mit echter oder unechter Verlängerungsoption, die Wiedervermietbarkeit nach Ablauf der festen Vertragsdauer, die vertragliche Indexierung oder das Ausschöpfen eines Ertragspotenzials. Vor allem für Letzteres finden sich zahlreiche Anwendungen. Weit verbreitet ist die Praxis, dass bei Geschäftsmietverträgen nach Ablauf der festen Vertragsdauer das Ertragspotenzial (Marktmiete) zum Einsatz kommt. Es wird angenommen, dass eine Wiedervermietung zu Marktkonditionen stattfindet. Viele Methoden gehen zudem davon aus, dass sich mit jeder Wiedervermietung eine Mietzinsanpassung möglich ist. Bei einer tiefen Fluktuation dauert es somit länger, bis ein Mietzinspotenzial ausgeschöpft werden kann.

Inflation

Eine weitere Herausforderung stellt die Berücksichtigung der Teuerung dar. Die Schwierigkeit besteht darin, die Inflation für die nächsten Jahre zu bestimmen. Schweizer Wirtschaftsinstitute wagen meist nur Prognosen für das laufende und das Folgejahr. Gerade im aktuellen Wirtschaftsumfeld mit hohen Inflationsprognosen, hat die Abbildung der richtigen Teuerung einen nicht zu vernachlässigenden Werteffekt.

Anstelle der nominalen Betrachtung, bei der die Inflation berücksichtigt wird, findet oft auch eine reale Betrachtung ohne Einbezug der Teuerung statt. Wer annimmt, dass eine reale Betrachtung einfacher ist, weil das Thema der Inflation ausgeklammert wird, irrt sich. Die Folge ist ein Methodenfehler, denn in einer realen Betrachtung impliziert ein gleichbleibender Mietertrag immer einen vollen Teuerungsausgleich. Dies widerspiegelt die Vertragskonditionen jedoch meist nicht. Man denke an die unbefristeten Mietwohnungsverträge, die gemäss Mietrecht lediglich eine Überwälzung der Inflation von 40% erlauben. Trotz dieser Kenntnisse ist eine volle Inflationsüberwälzung weit verbreitet. Diese hat im Gegensatz zu einer Teuerungsüberwälzung von nur 40% einen Werteffekt von neun Prozent. Eine reale Betrachtung mit einer korrekten Abbildung der Inflation ist viel komplexer, weil eine partielle Teuerungsüberwälzung zwangsläufig zu einem sinkenden (realen) Ertrag führt. Dies ist vergleichbar mit einer Lohnerhöhung, die aber tiefer liegt als die effektive Teuerung. Real betrachtet hat mein Lohn somit abgenommen

Reale versus nominale Betrachtung

Damit eine reale oder nominale Betrachtung methodisch korrekt ist, muss die Inflation nicht nur bei den Einnahmen, sondern auch bei den Ausgaben, insbesondere aber auch im Diskontsatz erfolgen. Es ist erstaunlich, wie viele Immobilienbewerter eine reale Betrachtung unter Berücksichtigung eines nominalen Zinses vornehmen und damit einen Methodenfehler begehen, der den Werteffekt meist nochmals erhöht.

Diskontierungszinssatz

Die Bestimmung des Diskontierungszinssatzes stellt für den Bewerter die grösste Herausforderung dar. Hier zeigt sich, dass die Diskontsätze zwischen den einzelnen Bewertern selten verglichen werden können, selbst wenn sie im Detail aufgezeigt werden. Dies kann verschiedene Gründe haben: Erstens, weil die Bewerter unterschiedliche Diskontsatzmodelle verwenden (WACC-Modell, Marktmodell und Modell der Opportunitätskosten), zweitens, weil es sich um einen realen oder nominalen Diskontsatz handelt, und drittens weil die Zuschläge unterschiedlich und damit nicht vergleichbar vorgenommen werden. Selbst wenn die Modelle, Zu- und Abschläge vergleichbar wären, der Bewerter aber statt eines realen einen nominalen Zins verwendet hat, resultiert aus diesem Fehler ein Wertunterschied von 14 Prozent.

Zahlungsperioden

Bei der DCF-Methode werden die Einnahmen und Ausgaben diskontiert. Dabei muss zusätzlich festgelegt werden, ob die Zahlungen monatlich oder jährlich, anfangs oder Ende Monat respektive Jahr erfolgen. Bei den Mieten bietet sich eine monatliche vorschüssige Zahlung an. Nicht jedoch bei den Ausgaben. Diese fallen unregelmässig an. Meist wird daher eine so genannte mittelschüssige jährliche Zahlung hinterlegt. Der Wertunterschied einer jährlich vorschüssigen Zahlung im Vergleich zu einer jährlich nachschüssigen kann je nach Höhe des Diskontsatzes einen Wertunterschied von bis zu 5% ausmachen.

Es führen viele Wege nach DCF

So einfach eine DCF-Bewertung erscheinen mag, so verschieden sind die Parameter und die Berechnungen im Hintergrund. Je nach Komplexität des DCF-Modells sind mehrere hundert Annahmen notwendig. Die meisten sind für den Betrachter jedoch nicht ohne Weiteres zu erkennen. Es stellt sich die Frage, ob eine Bewertung mit hundert, unter Umständen teils falschen Annahmen einen realistischeren Wert ergibt als eine einfachere Bewertung, die lediglich 20 Annahmen trifft. Die Antwort: Die einzelnen Annahmen in einer Bewertung mit nur 20 Parametern haben in der Regel einen grösseren Werteffekt. Dahingegen ist der Werteffekt mit 100 und mehr Annahmen kleiner und gleichzeitig die Chance grösser, dass sich falsche Annahmen gegenseitig aufheben statt kumulieren.

Fazit: Es dürfte einfacher sein, von den vielen Wegen, die nach Rom führen, den einfachsten zu finden, als die DCF-Methode fehlerfrei und routiniert anzuwenden.

B&O IMMO GmbH, April 202

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