Bewertung von Renditeliegenschaften

Bewertung von Renditeliegenschaften

Es gibt zwei Hauptgründe, wieso eine Immobilie erworben wird: Zum Zweck der Eigennutzung (zB Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen oder die eigene Betriebsliegenschaft) oder aber als Anlage bzw. zur Erzielung einer Rendite (Mehrfamilienhäuser, Wohn-/Geschäftshäuser etc.). Der Marktwert für eine Renditeliegenschaft berechnet sich allein auf der Basis der Ertragskraft und wird mit Hilfe einer Ertragswertmethode ermittelt.

Die Liste der Anlageobjekte, welche mit dem Ziel erworben werden, eine Rendite zu erzielen, liesse sich ohne weiteres noch erweitern. Mehrheitlich werden Eigentumswohnungen mit dem Ziel erworben, die Wohnung sofort oder später selbst zu bewohnen. Es gibt aber auch Privatpersonen, welche Eigentumswohnung bewusst als «Anlage» kaufen. Aus Sicht eines institutionellen Anlegers lohnt sich ein solcher Kauf jedoch selten, weil nicht nur Kosten für die eigene Verwaltung, sondern auch für die Stockwerkeigentümergemeinschaft anfallen. Kommt hinzu, dass man zwar Eigentümer der Wohnung ist, insgesamt aber dennoch nur Miteigentümer der gesamten Liegenschaft und entsprechend nur mit einer eingeschränkten Möglichkeit, Einfluss auf die Liegenschaft zu nehmen.

Baulandgrundstücke können zu beiden Kategorien gehören, je nachdem, wie sie später bebaut werden sollen, im Wissen, dass Baulandgrundstücke im unbebauten Zustand natürlich keine Rendite abwerfen. Dennoch könnten sie eine gute Anlage sein, wenn sie später mit einem Gewinn verkauft werden können.

Immobilien sind im aktuellen Umfeld mit den tiefen Zinsen als Anlage sehr begehrt. Sie gelten auch als «Inflationsschutz». Der «run» auf Renditeliegenschaften dürfte bei den aktuellen Inflationsprognosen nochmals einen Schub erleben und die Immobilienpreise weiter steigen lassen.

Nicht nur die Immobilienpreise von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen sind in den vergangenen Jahren markant gestiegen, sondern auch die Preise von Renditeliegenschaften und dies obwohl die Mieterträge als Folge des tieferen Referenzzinssatzes gesunken sind. Die höheren Immobilienpreise erklären sich somit allein auf Grund der tieferen Renditeerwartungen (siehe auch Punkt 5).

Im nachfolgenden Artikel wird die Bewertung von Renditeliegenschaften aufgezeigt. Obwohl die Objektarten sehr unterschiedlich sein können, werden sie meist mit derselben Bewertungsmethode bewertet. Die Ausführungen werden auf herkömmliche Renditeliegenschaften beschränkt. Hotels, Alters- und Pflegeheime werden meist als «Betrieb» geführt und die Bewertung umfasst den Betrieb und die Liegenschaft. Für eine solche Bewertung werden ebenfalls dieselben Ertragswertmethoden verwendet, doch ergeben sich erhöhte Anforderungen zur Einschätzung der Umsatzzahlen und der Gesamtbetriebskosten.

In diesem Bericht werden alle massgebenden Bewertungsmethoden zur Bewertung von Renditeliegenschaften beschrieben. Dabei wird innerhalb einer Bewertungsmethode die Methode anfänglich mit einem einfachen Beispiel beschrieben und die Komplexität der Bewertung in weiteren Schritten aufgezeigt.

Die Bewertung von Immobilien, insbesondere von Renditeliegenschaften, sollte nicht einem Laien überlassen werden. Eine falsche Anwendung der Bewertungsmethode, zusammen mit unrealistischen oder falschen Annahmen, kann zu einem Entscheid führen, der am Ende ein böses Erwachen zur Folge hat.

Die nachfolgenden Beschriebe eignen sich lediglich, um die verschiedenen Bewertungsmethoden besser zu verstehen und vielleicht für eine erste Einschätzung einen möglichen Wert berechnen zu können oder eine Wertvorstellung zu bekommen. Die Ausführungen beschränken sich darauf die, Bewertungsmethode zu erklären, nicht jedoch wie die Eigentümerkosten und insbesondere der Basiszins berechnet werden können. Hierfür braucht es die jahrelange Erfahrung eines Bewertungsexperten.

1.          Bewertungsmethoden zur Bewertung von Renditeliegenschaften

Die Bewertung von Renditeliegenschaften erfolgt allein auf der Basis des Mietertrages und mit Hilfe der Ertragswertmethode. Die verschiedenen Ertragswertmethoden lassen sich in die «statischen» und in die «dynamischen» Ertragswertmethoden unterteilen.

1.1       Statische Ertragswertmethode

Die statische Ertragswertmethode zeichnet sich dadurch aus, dass die Annahmen der zukünftigen Einnahmen und Ausgaben nur «statisch» berücksichtigt werden können. Die Methode lässt keine Berücksichtigung von sich verändernden Einnahmen (zum Beispiel Erhöhung des Mietertrages nach einer Sanierung) und auch nicht ausserordentliche Kosten (zum Beispiel Kosten für eine Gesamtsanierung) zu. Die statische Ertragswertmethode basiert auf nur einem Mietertrag und Ausgaben, welche über den ganzen Betrachtungshorizont massgebend und unverändert sind. Diese Methode eignet sich nur für eine einfache Bewertung oder für eine erste Einschätzung. Sollen sich verändernde Mietzinseinnahmen oder bestimmte Ausgaben berücksichtigt werden, ist dies nur mit einer «dynamischen Ertragswertmethode» möglich.

1.2      Dynamische Ertragswertmethode

Im Unterschied zur statischen Ertragswertmethode, können mit dieser Methode alle erwarteten Veränderungen bei den Einnahmen und den Ausgaben vorgesehen werden. Der bekannteste Vertreter der dynamischen Ertragswertmethode ist die DCF-Methode (Discounted Cashflow-Methode). Die DCF-Methode gilt in der Schweiz als «best practice» zur Bewertung von Renditeliegenschaften. Alle institutionellen Immobilieneigentümer (Pensionskassen, Anlagestiftungen, Versicherungsgesellschaften, Immobilienfonds, Immobilienaktiengesellschaften) lassen Ihre Portfolios mit dieser Methode bewerten.

Dem Vorteil der Berücksichtigung eines sich verändernden Mietertrages und dem Einbezug der erwarteten Kosten steht der Nachteil gegenüber, dass, im Vergleich zur statischen Ertragswertmethode, viel mehr Annahmen getroffen werden müssen. Eine DCF-Methode bedingt gut und gerne bis zu 100 Annahmen! Diese Methode ist somit viel aufwändiger und die Anforderungen an den Bewertungsexperten sind höher.

2.          Ertragswertmethode

Die Ertragsmethode ermöglicht zwei unterschiedliche Anwendungen:

  • die Brutto-Betrachtung oder

  • die Nettobetrachtung.

Bei der Brutto-Betrachtung dient der aktuelle Mietertrag als Basis und die Eigentümerkosten werden mit Zuschlägen im Zinssatz berücksichtigt. Bei der Nettobetrachtung werden die Eigentümerkosten vom Mietertrag abgezogen und der Nettoertrag mit dem Zins kapitalisiert. Beide Betrachtungen ergeben denselben Wert. Die Nettobetrachtung zeigt die Eigentümerkosten verständlicher auf, als die Brutto-Betrachtung mit den Zuschlägen im Kapitalisierungszinssatz.

Werden die Eigentümerkosten beide Male identisch berücksichtigt, ergeben die Berechnungen denselben Ertragswert.

Die obige Darstellung zeigt, dass die Bemessung der Kosten bei der Netto-Betrachtung in Prozenten des Mietertrages berechnet und abgezogen werden. Die Höhe der Kosten lässt sich mit Erfahrungswerten einfacher plausibilisieren (zB 1% Mietertragsausfall ist vergleichbar mit den statistischen Wohnungsleerständen). Bei der Brutto-Betrachtung werden die Eigentümerkosten mit geschätzten Zuschlägen berücksichtigt. Sind die Kosten bekannt, müssen sie ins Verhältnis zum Ertragswert gesetzt werden. Für die Zuschläge selbst gibt es keine Referenzwerte und sie sind, wie das Beispiel der Mietertragsausfälle zeigt, schwerer nachvollziehbar.

Die Brutto-Betrachtung ist nach wie vor weit verbreitet. Sie wird eher von Experten angewendet, welche sich noch nach der «alten» Bewertungslehre orientieren. Die Netto-Betrachtung dagegen lehnt sich an die «moderne» Bewertungslehre an.

2.1       Mietertrag

In der Regel sind Renditeliegenschaften vermietet und die aktuellen Mieten sind bekannt. Werden Wohnungen oder Objekte vom Eigentümer genutzt oder wenn sie zu Sonderkonditionen vermietet sind, bilden jene Marktmieten die Basis, welche von einem Dritten im aktuellen Zustand erzielt werden könnten. Dies unter der Voraussetzung, dass die (höhere) Marktmiete nach den Bestimmungen des Mietrechtes auch verlangt werden könnte.

Die aktuellen Mieterträge werden analysiert und geprüft, ob es ein Senkungs- oder allenfalls ein Erhöhungspotenzial gibt:

Die Einschätzung der Marktmieten erfolgt mit Hilfe von bekannten Vergleichsobjekten oder aber mit Abfragen von Marktdaten von den anerkannten Anbietern. Diese Abfragen sind meist kostenpflichtig. Bei Geschäftsmieten muss berücksichtigt werden, ob die Räume im Rohbau, Edelrohbau, teilweise oder voll ausgebaut vermietet werden.

Die grosse Herausforderung in der Bewertung ist die Umsetzung der Marktmieten. Dabei sind die mietrechtlichen Bestimmungen zu beachten, wonach die Mieten nicht ohne Begründung oder wertvermehrende Investitionen erhöht werden können.

2.2       Eigentümerkosten

In der Ertragswertmethode werden nur jene Kosten berücksichtigt, welche nicht an den Mieter über die Nebenkosten weiterverrechnet werden können. Kosten aus der Finanzierung (Schuldzinsen) oder aus der steuerlichen Veranlagung ergeben (Einkommens-, Vermögenssteuer, Grundstücksgewinnsteuer, Amortisationen) sind nicht Bestandteil einer Bewertung. Einzige Ausnahme bildet die Liegenschaftssteuer (Objektsteuer), welche in die Bewertung einfliesst. Die Liegenschaftssteuern werden vor allem in den französischsprachigen Kantonen (FR, NE, VD, GE, VS), im Tessin und in den Kantonen SG und TG erhoben. In den Kantonen BE und GR wird die Liegenschaftssteuer nur von bestimmten Gemeinden, aber nicht auf kantonaler Ebene, erhoben.

Folgende Kosten gehen in jedem Fall zu Lasten des Eigentümers:

  • Mietertragsausfälle: Mietertragsausfälle entstehen nach einer Fertigstellung (Anfangsleerstand), zwischen zwei Mietverhältnissen, weil das Mietobjekt nicht sofort wiedervermietet werden kann, im Zusammenhang mit Sanierungen oder weil der Mieter die Miete schuldig bleibt (Debitorenverlust).

  • Betriebskosten: Betriebskosten ist ein Sammelbegriff für mehrere Kosten und setzen sich aus den Versicherungsgebühren, den Verwaltungskosten und den nicht an die Mieter verrechenbaren Nebenkosten zusammen. Die erwähnten Liegenschaftssteuern gehören ebenfalls zu den Betriebskosten. Auch wenn im Mietvertrag festgehalten wurde, dass der Mieter sämtliche Nebenkosten übernimmt, muss der Eigentümer die anteilsmässigen Nebenkosten während eines Leerstandes übernehmen. Verwaltet der Eigentümer die Liegenschaft selbst, werden in der Bewertung trotzdem Verwaltungskosten einbezogen, so wie sie bei der Verwaltung durch einen Dritten anfallen würden.

  • Instandhaltungskosten: Hier handelt es sich um den laufenden Unterhalt der Liegenschaft, also um Kosten, welche für den Ersatz von Geräten, für die Renovation einer Wohnung, für Maler- oder Reparaturarbeiten anfallen. Diese Kosten fallen in der Regel von Jahr zu Jahr unterschiedlich an, haben aber meist folgende Zusammenhänge: je älter die Liegenschaft, desto höher die Kosten mit einer steigenden Tendenz. Je höher die Leerstände, desto öfter fallen Kosten für die Wohnungsrenovationen an. In der Bewertung können die effektiven Kosten nicht genau prognostiziert werden. Sie werden daher in der Regel in Anlehnung an das Alter, die Leerstände oder an die durchschnittlichen Kosten aus der Vergangenheit angelehnt. In einer dynamischen Ertragswertrechnung kann die Höhe der Kosten bei Bedarf angepasst werden (zB nach einer Gesamtsanierung werden die Kosten gesenkt).

  • Rückstellungen: Die Rückstellungen stehen im Zusammenhang mit den in Zukunft erwarteten grösseren Sanierungen. Sie sind nicht mit den Instandhaltungskosten zu verwechseln. Basis bildet meist die Annahme von einem oder mehreren Sanierungszyklen (zB Annahme Gesamtsanierung alle 35 Jahre). Die Höhe der Rückstellungen passt sich somit an den nächsten erwarteten Sanierungszyklus an. Je näher dieser in der Zukunft liegt, desto höher müssen die Rückstellungen ausfallen. Die Rückstellungen können vereinfacht in Prozenten zum Gebäudewert (zB 1% Gebäudeversicherungswert) bemessen oder genau auf Grund der Restlebensdauer und mit Hilfe einer Zinses-Zins-Rechnung berechnet werden. In den DCF-Methoden werden die Rückstellungen oft auch CAPEX-Kosten (Capital Expenditure) genannt.

2.3       Basiszins

Jede Ertragswertmethode benötigt einen Zinssatz, damit der Mietertrag kapitalisiert (Mietertrag wird durch den Zins dividiert) werden kann. Dieser Basiszins wird auch Diskontierungszinssatz genannt. Es gibt drei bekannte Modelle, um den Diskontsatz zu bestimmen:

Jedes der drei Modelle hat gewisse Vorteile, aber meist mehr Nachteile. Während die Zinsen für eine Fremdfinanzierung oder für die Bundesobligationen, als auch die aktuellen Marktrenditen einfach zu erfahren sind, bereiten die Zuschläge für die Makro-, die Mikrolage sowie die Nutzung und auch für den Illiquiditätszuschlag grosse Mühe. Diese Zuschläge sind wissenschaftlich nicht erforscht und nur möglich, wenn der Experte eine grosse Erfahrung darin hat. Egal welches Modell gewählt wird, es muss den aktuellen Immobilienmarkt für die zu bewertende Liegenschaft an der jeweiligen Makro- und Mikrolage und der entsprechenden Nutzung widerspiegeln.

3.          Barwertmethode

Die Barwertmethode wurde von Kaspar Fierz («Immobilienökonomie und Bewertung von Liegenschaften», 6. Auflage 2011) als alternative zur statischen Ertragswertmethode entwickelt. Sie hatte primär den Zweck, statt einer statischen und ewigen Betrachtung, zeitlich limitierte Betrachtungen und temporäre Minder- oder Mehrwerte berücksichtigen zu können. Die Anwendung der Barwert-, als auch der DCF-Methode, ist nur möglich, wenn der Experte das finanzmathematische Rechnen (abzinsen, aufzinsen, Rentenbarwert- und Rentenendwertrechnen) beherrscht. Barwertrechnungen bedeutet, dass die in Zukunft erwarteten Zinsen in die Berechnungen einfliessen. Die Höhe des Zinses und der Zeitraum der Betrachtung haben einen direkten Einfluss auf den Wert einer Liegenschaft.

Die vier Betrachtungen zeigen, wie volatil der Wert auf die Veränderung des Betrachtungshorizontes und auf einen tieferen oder höheren Zinssatz reagiert. Die Berechnungen zeigen auch, dass ein tiefer Zins zu einem höheren Wert bzw. ein höherer Zins zu einem tieferen Wert führen. Im Vergleich zur statischen Ertragswertmethode (Beispiel 1) mit einem Ertragswert von CHF 2.6 Mio., liegt der Wert der Variante mit einem Betrachtungshorizont von 100 Jahren bei CHF 2.465 Mio. oder 5.2% tiefer, was sich allein im verkürzten Betrachtungshorizont von 100 Jahren statt einer ewigen Betrachtung begründet.

Aktuell sind Immobilien sehr begehrt und es werden hohe Preise bezahlt. Hohe Preise sind jedoch, wie die Berechnungen zeigen, mit einem tiefen Zinssatz, und damit verbunden, mit tiefen Renditen verbunden.

Die Barwertmethode nach Kaspar Fierz weist im Vergleich zur statischen Ertragswertmethode (Beispiel 1) zwei Hauptunterschiede auf:

  • Es erfolgt keine ewige Betrachtung, weil der Betrachtungshorizont in einer Barwertmethode in der Regel auf maximal 100 Jahre festgelegt wird.

  • Die zukünftigen Sanierungen werden nicht als jährlich wiederkehrende Rückstellungen, sondern in Sanierungszyklen berücksichtigt. Diese Berechnungsweise erhöht die Transparenz und es wird sichtbar, dass eine erste Sanierung in 30 Jahren und danach in weiteren Zyklen von 30 Jahren vorgesehen werden.

4.          Discounted Cashflow-Methode

Die DCF-Methode wird fast ausschliesslich für die Bewertung der Immobilienportfolios der grossen institutionellen Anleger (Pensionskassen, Anlagestiftungen, Immobilienfonds, Immobilienaktiengesellschaften, Versicherungen etc.) verwendet. Sie gilt in der Schweiz als «best practice». Je nach Eigentumsart schreiben die Gesetze (zB Kapitalanlagegesetz KAG und dazugehörige Verordnung KKV) diese Methode sogar vor. Die DCF-Methode ist der typische Vertreter der dynamischen Ertragswertmethode, weil die Einnahmen und Ausgaben so in der Bewertung berücksichtigt werden können, wie sie anfallen oder erwartet werden.

In der Schweiz gibt es zwei DCF-Modelle:

  • das Ein-Phasenmodell und

  • das Zwei-Phasenmodell.

4.1       Ein-Phasenmodell

Wie der Name «Ein-Phasenmodell» andeutet, erfolgt die Bewertung über eine Phase bzw. einen Betrachtungshorizont. In der Regel umfasst die Bewertung eine Dauer von 100 Jahren. Im Ein-Phasenmodell werden die Annahmen für die Einnahmen und die Ausgaben über die ganze Dauer von 100 Jahren getroffen. Dies ist nicht nur aufwändig, sondern auch schwierig, weil wohl kaum bekannt ist, was in 100 Jahren geschehen wird. Aber das Modell würde es bei Bedarf erlauben. In der Regel werden die Annahmen nach einer gewissen Zeit unverändert fortgeführt oder nur noch die späteren Sanierungszyklen als ausser ordentlichen Kosten berücksichtigt.

Das obige Beispiel zeigt, dass der Nettoertrag für jedes der hundert Jahre abgezinst werden muss. Die Summe aller Barwerte ergibt den Wert der Liegenschaft. Die Berechnung zeigt, dass der Wert mit dem Ergebnis der Barwertmethode (Beispiel 2: 100 Jahre, 3%) identisch ist.

Die obige DCF-Bewertung zeigt eine einfache Darstellung, weil sich weder die Einnahmen noch die Ausgaben verändern. Für eine solche Betrachtung braucht es keine DCF-Methode und die Bewertung kann schneller mit einer statischen Ertragswert- oder Barwertmethode erfolgen.

Im Beispiel 3a wurden die in Zukunft erwarteten Sanierungskosten in der terminlich erwarteten Abfolge in den Jahren 30, 60 und 90, und nicht als jährliche Rückstellungen, berücksichtigt. Eine solche Betrachtung hat den grossen Vorteil, dass die Zyklen einfach und verständlich eingeplant werden können. Das Beispiel zeigt auch, dass eine korrekte Berücksichtigung der Kosten zu einem identischen Wert führt.

4.2       Zwei-Phasenmodell

Das «Zwei-Phasenmodell» unterteilt den Betrachtungshorizont in eine erste und in eine zweite Phase. Die erste Phase umfasst den Zeitraum von zehn Jahren und die zweite Phase die verbleibende Dauer des Betrachtungshorizontes (zB 90 Jahre, wenn der Betrachtungshorizont 100 Jahre beträgt).

In der ersten Phase, auch «Forecastperiode» genannt, werden die Einnahmen und Ausgaben, so wie im Ein-Phasenmodell, detailliert abgebildet. Der Zeitraum von zehn Jahren gilt in der Schweiz als «best practice». Nur in Unternehmensbewertungen wird meist eine kürzere Dauer von fünf Jahren gewählt. Wie im Ein-Phasenmodell, werden die Nettoerträge in den ersten zehn Jahren für jedes Jahr einzeln auf heute abgezinst.

Der grosse Unterschied bildet die zweite Phase, auch «Residualperiode» oder «Exit-Periode», genannt. Das so genannte «Exit-Jahr» (in der obigen Betrachtung das 11. Jahr) wird als Basis für die ganze zweite Phase genommen. Es wird somit vereinfacht angenommen, dass die Einnahmen und Ausgaben ab dem 11. Jahr unverändert bleiben. Es müssen insgesamt also nur einmal die Annahmen im Jahr elf, statt für insgesamt hundert Jahre getroffen werden. Der Nachteil dieses Zwei-Phasenmodells ist, dass in der zweiten Phase keine ausserordentlichen Veränderungen (zB eine Gesamtsanierungszyklen) abgebildet werden können.

Alle grossen Bewertungshäuser in der Schweiz wenden dieses Zwei-Phasenmodell an. Für die zweite Phase gibt es jedoch zwei Berechnungsmöglichkeiten:

  • Die Berechnung des Exit- oder Residualwertes erfolgt über eine bestimmte Zeitdauer, so wie im Beispiel 4 über die Dauer von 90 Jahren. Diese Berechnung erfolgt mit Hilfe des Rentenbarwertfaktors bei 3% und 90 Jahren. Der Exit-Wert, welcher sich auf das Exit-Jahr bezieht, muss dann noch um 10 Jahre abgezinst werden.

  • Der Exit-Wert wird über eine «ewige» Dauer berechnet, indem der Nettoertrag vom Exit-Jahr kapitalisiert (Nettoertrag dividiert durch den Zins) wird, wie das nachfolgende Beispiel 5 zeigt.

Der Wert liegt 5 Prozent höher als im Beispiel 4, weil der Betrachtungshorizont «ewig» statt 100 Jahre beträgt. Der Wert ist zudem identisch mit dem statischen Ertragswert im Beispiel 1.

Wie erwähnt, zeigen die Beispiel 4 und 5 eine vereinfachte Berechnung mit der DCF-Methode, weil die Einnahmen und Ausgaben nicht modelliert werden. Zwar kann dies ausnahmsweise auch die Realität darstellen, in der Regel gibt es jedoch immer Sanierungen oder sonstige ausserordentliche Kosten, welche in den nächsten zehn Jahren zu erwarten sind und entsprechend eingeplant werden müssen. Das nachfolgende Beispiel 6 zeigt eine «reellere» Betrachtung mit einer geplanten Gesamtsanierung im Jahr 8 und den möglichen damit zusammenhängenden Veränderungen.

Im Jahr acht ist eine Gesamtsanierung (Instandsetzungskosten) im Umfang von 750 geplant. Die Folgen einer solchen umfassenden Sanierung wurden im obigen Beispiel grau markiert und nachfolgend erklärt:

  • Nach der Gesamtsanierung können die Mieten in Anlehnung an die Bestimmungen des Mietrechtes erhöht werden. Diese Anpassung kann erst erfolgen, wenn die Sanierung abgeschlossen ist und die Abrechnung vorliegt. Das Mietrecht erlaubt bei sogenannten «umfassenden Überholungen» eine Weiterbelastung von 50 bis 70% der Investitionen. In diesem Fall wurden 50% als wertvermehrend eingeschätzt und mit der erlaubten Verzinsung von 4.63% eine Mietzinserhöhung von 17 pro Jahr berechnet (aktueller Referenzzinssatz 1.25% + 0.50% für die Eigenkapitalverzinsung = 1.75% ÷ 2 = als mittlere Verzinsung über die ganze Dauer = 0.88% + Verzinsung der Amortisation bei 30 Jahren = 3.33% = Total 4.21% (0.88% + 3.33%), davon 10% für Unterhalt und laufende Kosten von 0.42% = 4.63% (4.21% + 0.21%).

  • Eine Gesamtsanierung wird in der Regel vom Eigentümer und die damit verbundene Mietzinserhöhung im Voraus angekündigt. Es gibt Mieter, welche den Unannehmlichkeiten einer solchen Sanierung und/oder der Mietzinserhöhung aus dem Weg gehen wollen und daher schon vor der Sanierung ausziehen. Während der Sanierung folgen meist noch weitere Kündigungen oder der Eigentümer muss den Mietern wegen den Unannehmlichkeiten Mieten erlassen. Weil die leerstehenden Wohnungen während der Gesamtsanierung kaum vermietet werden können, ergeben sich nach der Sanierung noch verbleibende Leerstände. Obwohl sich die Liegenschaft nach einer Gesamtsanierung in einem besseren Zustand befindet, werden die zukünftigen Mietertragsausfälle höher als vorher eingeschätzt, weil sich die Mieten nach der Anpassung auf einem höheren Niveau befinden und in Konkurrenz zu anderen Liegenschaften stehen. Die Wiedervermietung wird daher schwieriger und die Wohnungen können nicht mehr nahtlos wiedervermietet werden. Die Mietertragsausfälle erhöhen sich in der Folge.

  • Die Betriebskosten haben einen direkten Zusammenhang mit den Leerständen, weil darin auch die nicht verrechenbaren Nebenkosten im Zusammenhang mit den Leerständen enthalten sind. Erhöhen sich die Leerstände, steigen auch die Betriebskosten. Zusätzlich verlangt die Verwaltung für die Gesamtsanierung eine zusätzliche Entschädigung, weil die Aufwendungen für eine Gesamtsanierung nicht im normalen Honorar enthalten sind.

  • Die Instandhaltungskosten werden vor einer Gesamtsanierung meist «heruntergefahren» und gewisse Massnahmen auf die Gesamtsanierung verschoben. Nach der Sanierung sollten die laufenden Unterhaltskosten sinken. Die Annahmen im Exit-Jahr werden höher eingeschätzt, weil sich diese nicht nur auf das Jahr 11, sondern auf die ganze zweite Phase beziehen.

  • In einer modernen DCF-Methode werden die (buchhalterischen) Rückstellungen erst in der zweiten Phase eingeplant. In der ersten Phase werden nur die effektiv anfallenden Kosten vorgesehen.

4.3       Renditen

Renditeliegenschaften werden als Anlage und zur Erzielung einer Rendite erworben oder gehalten. Daher sind die Renditen ein wichtiger Kennwert. Die wichtigsten Renditen sind:

  • Bruttorendite: Bruttoertrag ÷ Marktwert. Die Bruttorendite liegt immer höher als die Netto- und Cashflowrendite, weil die Bruttorendite noch alle vom Eigentümer zu bezahlenden Kosten beinhaltet. Die Bruttorendite eignet sich daher weniger als Entscheidungsgrundlage. Die Bruttorendite im Beispiel 6 zeigt mit 4.4% eine attraktive Brutto-Anfangsrendite und gaukelt eine vermeintlich gute Anlagemöglichkeit vor. Doch die nähere Betrachtung zeigt, dass diese vermeintlich gute Rendite nur möglich ist, wenn die Liegenschaft zum Wert von 2'257 erworben und im Jahr 8 eine Investition von 750 getätigt wird. Das heisst, der Käufer muss insgesamt 3'007 in der Tasche haben!

  • Eine bessere Entscheidungsgrundlage bildet die Nettorendite, denn diese berechnet sich auf dem Nettoertrag (Nettoertrag ÷ Marktwert). Die Nettorendite zeigt die Rendite nachdem alle Eigentümerkosten, ausser die Instandsetzungskosten, berücksichtigt wurden. Die Nettorendite muss in der Folge immer tiefer, als die Bruttorendite liegen.

  • Eine weitere Rendite ist die Cashflowrendite. Der Unterschied zwischen der Netto- und der Cashflworendite sind die Instandsetzungskosten. In Jahren ohne Instandsetzungskosten sind die Netto- und die Cashflowrenditen identisch. Weil die Kosten für eine Gesamtsanierung meist höher liegen, als der Jahresmietertrag, ergibt sich in diesem Jahr eine negative Cashflowrendite.

Im Zusammenhang mit der Bewertung von Immobilienportfolios gibt es noch drei weitere wichtige Renditen, welche nur berechnet werden können, wenn es einen Vorjahreswert gibt. Diese Renditen zeigen den Erfolg von der Vorjahres- zur aktuellen Bewertung:

  • Cashflowrendite: Diese Cashflowrendite ist nicht zu verwechseln mit der oben erwähnten Cashflowrendite. Zwar zeigt sie auch das Verhältnis des Cashflows zum Marktwert auf, jedoch nicht im Verhältnis zum aktuellen Marktwert, sondern zum Vorjahreswert.

  • Die Wertänderungsrendite bemisst die Wertveränderung vom Vorjahreswert zum aktuellen Wert. Die Wertänderung ergibt sich entweder aus einer generellen Höherbewertung (zB als Folge einer tieferen Diskontierung) oder aber als Folge einer abgeschlossenen Gesamtsanierung (zB wie im Beispiel 6 aufgezeigt), weil die Sanierungskosten aus der Bewertung fallen und der Wert damit steigt.

  • Gesamtrendite / Performance: Die Gesamtrendite ist die Summe der Cashflow- und der Wertänderungsrendite.

4.4       Reale und nominale Betrachtungen

Alle obigen Bewertungsbeispiele zeigen eine «reale» Betrachtung, das heisst, die Folgen der Inflation sind schon berücksichtigt. Was ist der Unterschied zwischen einer nominalen und einer realen Betrachtung? Nachfolgend ein paar Beispiele:

4.5       Beispiele von realen und nominalen Betrachtungen

Die typischsten Bewertungsmethoden mit einer realen Betrachtung sind die (statische) Ertragswertmethode (Beispiel 1) und die Barwertmetode (Beispiel 2). Nur die DCF-Methode kann als nominale Betrachtung erfolgen. Wie die Beispiele 3, 4 und 5 zeigen, kann die DCF-Methode jedoch auch «real» erfolgen. Wie unter Punkt 4.4 erklärt, bedeuten all diese realen Betrachtungen mit einem unveränderten Mietertrag, dass ein voller Teuerungsausgleich besteht. Dies widerspiegelt in der Regel nicht die Realität, weil entweder unbefristete Mietverhältnisse bestehen oder Mietverhältnisse mit festen Vertragsdauern und unvollständigen Teuerungsüberwälzungsklauseln vereinbart wurden.

Eine professionelle, moderne Bewertung hat zum Ziel, dass die Entwicklung des Mietvertrages individuell auf der Basis jedes einzelnen Mietvertrages erfolgt. Dies bedingt die Kenntnis aller Mietvertragskonditionen und benötigt entsprechend viele Annahmen.

Nachfolgend wird an verschiedenen Beispielen aufgezeigt, wie die Bewertung nach einer realen oder nominalen Betrachtung erfolgen muss, wenn es Mietverhältnisse gibt, welche keine vollständige Teuerungsüberwälzung zulassen. Vereinfacht soll dies an einer Musterliegenschaft mit nur einem Mietverhältnis erfolgen. Es werden die Annahmen aus dem Beispiel 1 übernommen, jedoch unterstellt, dass nur 80% der Inflation überwälzt werden kann. Die Basisinflation wird mit 1%/Jahr angenommen.

Die statische Ertragswertmethode eignet sich schlecht, wenn eine unvollständige Teuerungsüberwälzung abgebildet werden muss. In diesem Beispiel ist es nur möglich eine Annahme zu treffen. Würde die Liegenschaft aus mehreren Mietverhältnissen bestehen, könnten die unterschiedlichen Mietzinsanpassungsmechanismen nicht mehr individuell abgebildet werden.

Das Bewertungsbeispiel 6 bringt zwei neue Aspekte ins Spiel: den nominalen und den realen Basiszinssatz. Unter 1.2 wurden die drei am weitesten verbreiteten Zinssatzmodelle vorgestellt und auch aufgezeigt, dass das WACC- und das Opportunitätskostenmodell auf Zinsen basieren und sich daraus ein «nominaler» Basiszins berechnet. Dieser nominale Basiszins kann jedoch nicht für die obige reale Betrachtung verwendet werden. Dies würde einen Methodenfehler darstellen. Für eine reale Betrachtung braucht es einen realen Basiszins. Der reale Basiszins ergibt sich, indem die Inflation abgezogen wird. Weil die Inflation in diesem Beispiel nur unvollständig möglich ist, muss dies entsprechend im Basiszins korrigiert werden.

Die statische Ertragswertrechnung hat noch einen Nachteil: üblicherweise wirkt sich die unvollständige Teuerungsüberwälzung nur auf den Mietertrag, nicht aber auf die Ausgaben aus. Bei den Ausgaben kommt die volle Teuerung der Kosten zum Tragen. Die statische Ertragswertmethode vermag diesen Unterschied nicht abzubilden.

Im Unterschied zum Beispiel 6 wird hier die unvollständige Teuerungsüberwälzung im abnehmenden Mietertrag abgebildet und der reale Basiszins liegt 1% (Basisinflation) tiefer als der nominale Basiszins. Mit der DCF-Methode kann zudem berücksichtigt werden, dass sich die unvollständige Teuerungsüberwälzung nur auf den Mietertrag, nicht jedoch auf die Ausgaben, auswirkt. Das heisst, die Ausgaben bleiben unverändert und widerspiegeln damit eine volle Teuerung. Der Wert im Beispiel 7 ist aus diesem Grund, weil die Kosten zu 100% anfallen, leicht höher als im Beispiel 6.

Das Beispiel 8 zeigt eine nominale Betrachtung, in welcher sich der Mietertrag jeweils um 80% der Basisinflation von 1.0 % erhöht. Als Folge dieser nominalen Betrachtung steigen hier auch die Eigentümerkosten im vollen Umfang von 1.0% pro Jahr. Die Konsequenz dieser nominalen Betrachtung ist, dass dafür der nominale Basiszins von 4% verwendet werden muss. Dies gilt jedoch nur für die Erste Phase des Zwei-Phasenmodells.

Wie unter Punkt 4.2 aufgezeigt, erfolgen im Zwei-Phasenmodell die Annahmen für die zweite Phase vereinfacht über ein Jahr (Exit-Jahr). Dies hat zur Folge, dass die Inflation nicht mehr, wie in den ersten zehn Jahren, beim Mietertrag abgebildet werden kann. Die Berechnungen der zweiten Phasen stellen somit gezwungenermassen eine reale Betrachtung dar, weshalb dafür in der Konsequenz ein realer Diskontsatz verwendet werden muss. Dieser Exit-Wert muss wie immer noch um zehn Jahre abgezinst werden. Dies nicht mit dem realen, sondern mit dem nominalen Diskontsatz, weil die erste Phase eine nominale Betrachtung darstellt.

Das Bewertungsbeispiel 8 zeigt die ganze Komplexität einer DCF-Methode mit unvollständiger Indexklausel und einer nominalen Betrachtung. Die Anwendung dieser Methode sollte einem Experten überlassen werden, denn Falschannahmen führen schnell zu unrealistischen Werten und möglicherweise zu einem Fehlentscheid.

5.         Verifikation Bewertungsergebnis

Ganz zum Schluss einer Bewertung müssen die Annahmen und das Ergebnis verifiziert werden. Dies erfolgt in der Regel über so genannte Kennwerte. Die am meisten verwendeten «Kennwerte» bei Renditeliegenschaften sind die Renditen. Unter Punkt 4.3 wurden die wichtigsten Renditen vorgestellt.

Damit das Bewertungsresultat mit den Marktrenditen verglichen werden kann, müssen diese Renditen zuerst bekannt sein. Es gibt viele Marktanbieter, welche jährlich oder quartalsweise die aktuellen Renditen publizieren. Dabei ist immer zu beachten, um welche Renditen es sich handelt. Nebst den erwähnten Brutto-, Netto- und Cashflowrenditen, gibt es noch die Unterscheidung von Anfangsrenditen oder durchschnittliche Rendite für diese drei Renditen. Oft werden auch die Spitzenrenditen (zB Geschäftsliegenschaft an der Bahnhofstrasse) publiziert. Die Spitzenrenditen eignen sich nur beschränkt zur Plausibilisierung, ausser ihre Liegenschaft ist mit einer Top-Lage vergleichbar. Die Auswertungen solcher Spitzenrenditen zeigen eine höhere Volatilität im Vergleich zu mittleren Renditen, weil solche Top-Liegenschaft weniger gehandelt werden.

Der beste Vergleich ist über die (durchschnittliche) Nettorendite möglich, weil die Nettorendite die aus Sicht des Eigentümers erzielbare Rendite aufzeigt, nachdem alle Kosten, ausgenommen die Sanierungen, abgezogen worden sind. Wird die Nettorendite als Entscheidungsbasis genommen, kann eine Fehlentscheidung über eine vermeintlich attraktive (hohe) Bruttorendite ausgeschlossen werden.

Die von REIDA halbjährlich publizierten Immobilienrenditen zeigen die stetig gesunkenen Renditen in den letzten Jahren. Die obige Grafik zeigt, dass die Nettoanfangsrenditen im 30%-Quantil (vergleichbar mit den Spitzenrenditen) stärker gesunken sind, als die mittleren Renditen (50%-Quantil). Das heisst, dass die Risiken für Top-Liegenschaften tiefer eingeschätzt und in der Folge tiefere Renditen in Kauf genommen werden.

Seit 2015 sind die mittleren Nettorenditen von 4.4% auf 3.4% gesunken. Diese tieferen Renditeerwartungen der Investoren wurden in den Immobilienbewertungen über den tieferen Basiszins berücksichtigt und führten, allein auf Grund dieses tieferen Basiszinses, zu einem 29% höheren Marktwert!

Die Renditen von REIDA sind auch für die Objektarten «Büro» sowie «Verkauf/Gewerbe» erhältlich. Die Renditen basieren auf echten Transaktionen, beziehen sich jedoch auf die ganze Schweiz. Es kann also sein, dass die Nettorendite für Ihre Liegenschaft höher liegt, und sich dies in der unterdurchschnittlichen Makro- und/oder Mikrolage und allenfalls zusätzlich in einem Gewerbeanteil erklärt.

Eine weitere Kennzahl ist der Wert im Verhältnis der Grundstücksfläche. Der geschätzte Marktwert wird durch die Grundstücksfläche dividiert. Dieser Kennwert (zB 1’000/m²) ermöglicht den Vergleich mit Baulandpreisen für unbebaute Grundstücke an vergleichbarer Lage. Liegen die Baulandpreise für solche vergleichbaren, unbebaute Parzellen zum Beispiel bei 1‘500/m², ergibt sich daraus die Schlussfolgerung, dass der Abbruch der bestehenden Baute und eine Neubebauung einen höheren Landwert, nämlich 1’500/m² (abzüglich Abbruchkosten) und nicht nur 1’000/m² ergibt. Diese Situation ist oft dann der Fall, wenn das Grundstück schlecht ausgenützt ist und, vielleicht zusätzlich, die Liegenschaft sich in einem schlechten Zustand befindet. Es ist die Aufgabe des Bewertungsexperten, solche Entwicklungspotenziale zu erkennen und entsprechend in sein Gutachten einfliessen zu lassen.

B&O IMMO GmbH, Juni 2022

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