Bewertung von Betriebsliegenschaften

Bewertung von Betriebsliegenschaften

Die Bewertung selbst genutzten Liegenschaften unterscheidet sich insofern von einer vergleichbaren, jedoch an Dritte vermietete Liegenschaft insofern, dass die Mietvertragskonditionen nicht bekannt sind. Es liegt also kein Mieterspiegel vor, welcher Auskunft über die Mietzinseinnahmen, die Vertragskonditionen, aber insbesondere aufzeigt, wem der Ausbau gehört.

Besonderheiten

In der Regel ist es weniger die Objektart, welche eine Betriebsliegenschaft kennzeichnet, sondern weil der Eigentümer und Nutzer identisch sind. Somit liegen keine Angaben über die Miete, die Vertragskonditionen und darüber vor, wem der vorliegende Ausbau gehört. Für die Bewertung müssen der identische Eigentümer und Betreiben in einen «Eigentümer» und «Mieter» aufgeteilt und alle Konditionen, wie sie für einen Mietvertrag mit einem Dritten notwendig wären, getroffen werden:

  • Mietflächen

  • Mietdauer, Verlängerungsoptionen, Indexierungen

  • Massgebender Ausbaustandard (Rohbau-, Teilausbau oder Vollausbaumiete)

  • Weitere Konditionen über spezielle Unterhalts- oder sonstige Kostenregelungen

Meist ist sich der Eigentümer der Betriebsliegenschaft dieser Besonderheiten nicht bewusst und der Experte oder die Expertin muss einen Vorschlag machen. Der Entscheid, ob der vorhandene Ausbau zum Gebäude geschlagen oder dem Mieter gehören soll muss der Eigentümer fällen. Steuerliche oder andere Gründe können dabei einen Einfluss haben. Sucht der Eigentümer einen hohen Wert, dann empfiehlt sich, die Bewertung auf «Ausbaumieten» zu basieren. Ist der Eigentümer an einem tiefen Wert interessiert, dann bilden tiefere «Rohbaumieten» die Basis. Auch ist zu entscheiden, ob der Mieter die gemäss Mietrecht üblichen Kosten oder allenfalls weitergehende Kosten übernehmen soll (z. B. Mieter übernimmt die laufenden Instandhaltungskosten und nur die Instandsetzungskosten gehen zu Lasten des Eigentümers.

Je spezifischer die Betriebseinrichtungen sind (z. B. Kranbahnen, Pallettenbeförderungsanlage, Tiefkühlzellen etc.) desto eher empfiehlt sich, diese Einrichtungen als Mieterausbau einzuschätzen.

 Mietertrag

Bei selbst genutzten Liegenschaften verrechnet der Eigentümer eine «interne» Miete in der Buchhaltung als Aufwand. Bei dieser Miete handelt es sich meist und eine «Kostenmiete», welche nicht mit einer Marktmiete vergleichbar ist. Basis für die Bewertung bildet in jedem Fall jene Marktmiete, welche von einem Dritten unter Berücksichtigung der festgelegten Vertragskonditionen erzielt werden könnte. Allenfalls empfiehlt es sich, Annahmen für die Dauer der festen Vertragsdauer (z. B. zehn Jahre) und allgemeinere Annahmen, das heisst ohne die speziellen Vertragskonditionen (z. B. Unterhaltsregelung) zu treffen.

Vertragskonditionen

Die fiktiven Vertragskonditionen sollen sich an die Mietrechtsbestimmungen anlehnen. Üblich sind feste Vertragsdauern von fünf oder zehn Jahren mit oder ohne Verlängerungsoptionen. Erfolgt die Bewertung mit Hilfe einer DCF-Methode, macht eine feste Vertragsdauer von zehn Jahren Sinn, weil für die zweite Phase leicht andere Annahmen getroffen werden können.

Während der festen Vertragsdauer ergeben sich aus Sicht des Eigentümers keine Mietertragsausfälle, keine nicht verrechenbare Nebenkosten und tiefere Verwaltungskosten. Allenfalls, je nach Regelung, fallen andere Kosten ebenfalls tiefer aus oder ganz weg (z. B. wenn Mieter Unterhaltskosten oder andere Kosten übernimmt).

In der langfristigen Betrachtung sollte diese speziellen Kostenregelungen durch übliche Mietvertragskonditionen abgelöst werden. Das heisst es werden Mietertragsausfälle, nicht verrechenbare Nebenkosten, höhere Verwaltungskosten und weitere normalen Kostenregelungen berücksichtigt.

Bewertungsbeispiel

Die Bewertung erfolgt auf der Basis einer Ausbaumiete mit einer festen Vertragsdauer von zehn Jahren. Der Mieter übernimmt in dieser Zeit sämtliche Instandhaltungskosten und auch die Versicherungsgebühren. Dem Eigentümer verbleiben somit nur noch die reduzierten Verwaltungsaufwendungen. Als Folge der speziellen Kostenregelungen wird ein reduzierter Mietzins angenommen. Nach zehn Jahren bilden übliche Mietvertragskonditionen die Basis, weshalb der Mietertrag um 25% höher eingeschätzt wird. Weiter kommen die Mietertragsausfälle, die Versicherungsgebühren, die nicht verrechenbaren Nebenkosten, höhere Verwaltungsgebühren und die Instandhaltungskosen hinzu.

Die Bewertung geht weiter davon aus, dass eine Teilrenovation notwendig sein wird. Hinzu kommen die Rückstellungen für die zukünftigen Sanierungszyklen (CAPEX).

Schlussfolgerungen

Die Bewertung einer Betriebsliegenschaft ist weniger eine Herausforderung an die Bewertungsmethode, als an die fehlenden bzw. notwendigen Entscheidungen in Sachen Mieten, Ausbau und Vertragskonditionen dar. Weil der Wert der Betriebsliegenschaft somit auf «fiktiven» Annahmen basiert, welche nicht die Marktgegebenheiten widerspiegeln, sagt Swiss Valuation Standards, dass solche «ungewöhnliche Umstände» eines Sale-&Lease-back-Geschäftes nicht der Definition eines Marktwertes entsprechen. Bei einem so ermittelten Wert handelt es sich um einen «Wert aus Investorensicht».

B&O IMMO, Januar 2024

Bewertung von Grundstücken

Bewertung von Grundstücken